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Für mich persönlich wäre eine Abtreibung nie eine Option gewesen. Ich bin religiös erzogen und eine Schwangerschaft ist in meinen Augen Leben, das Gott geschenkt hat. Aber das ist schlicht meine Privatmeinung. Grundsätzlich geht es beim Recht auf Abtreibung jedoch um das Recht auf reproduktive Selbstbestimmung von Frauen.

Jede Frau hat das Recht, selbst darüber zu bestimmen, ob sie eine Schwangerschaft in der Frühphase beenden möchte oder nicht. Dieses Recht ist nicht verhandelbar und weder Staat noch Kirche haben zu Beginn einer Schwangerschaft Mitspracherechte über den weiblichen Uterus.

Jede Frau hat das Recht, eine Schwangerschaft zu beenden

Katja Töpfer, Autorin

Katja Töpfer, Autorin

In diesem Sinne ist eine Änderung des Paragraphen 218 des Strafgesetzbuchs, wie sie nun eine Expertinnen-Kommission vorschlägt, eigentlich eine überfällige Sache. Die Kommission empfiehlt, Schwangerschaftsabbrüche mindestens in den ersten zwölf Wochen generell straffrei zu stellen. Spätere Schwangerschaftsabbrüche sollen weiterhin verboten sein. Nach der aktuell gültigen Regelung ist ein Schwangerschaftsabbruch in Deutschland grundsätzlich verboten und kann mit Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft werden. Er bleibt aber straffrei, wenn er innerhalb der ersten zwölf Wochen stattfindet und die ungewollt Schwangere vorher eine Pflichtberatung wahrnimmt.

Verboten, aber straffrei: Dieser Kompromiss zur Abtreibungsregelung gilt seit 1995 und basiert auf einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Bereits damals wollte die Regierung eine frühe Abtreibung legalisieren. Die Karlsruher Richter erklärten das Gesetz jedoch für verfassungswidrig, weil es das Recht auf Leben des Embryos missachte. Daraufhin einigte sich der Bundestag auf die heutige Regelung. Sie sollte eine Balance zwischen dem Lebensrecht des Embryos und dem Recht der Frau auf Selbstbestimmung herstellen. Das hat jetzt 30 Jahre eigentlich ganz gut funktioniert.

Militante Abtreibungsgegner stehen in den Startlöchern

Eine erneute Debatte über den Paragraphen 218 und eine Legalisierung von Abtreibungen in der Frühphase der Schwangerschaft, ist zwar inhaltlich richtig, aber riskant. Ein Blick in andere Länder wie etwa die USA oder Polen zeigt, dass Abtreibung ein Thema ist, das sich hervorragend dazu eignet, um extremistische Positionen am Rand der Gesellschaft zu stärken und eine gesellschaftliche Spaltung voranzutreiben. Auch hierzulande steht mit der AfD eine Partei in den Startlöchern, die sich in ihren Wahlprogrammen klar dazu bekennt, das Recht auf Abtreibung und reproduktive Selbstbestimmung von Frauen beschneiden zu wollen.

Eine erneute Diskussion um den Paragraphen 218 könnte gerade extremistischen Kräften im politischen Spektrum besonders nützen. Hinzu kommt, dass die Versorgungslage von Frauen, die eine Abtreibung wünschen, in Deutschland gut ist. Das zeigen etwa die Daten der aktuell publizierten Elsa-Studie. Bei der Befragung von 662 Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch vorgenommen hatten, sagten 91 Prozent, dass sie die Einrichtung, die den Abbruch vornahm, gut oder sehr gut erreichen konnten.

Selbst wenn das Recht auf Abtreibung, wie die Kommission nun fordert, nicht mehr im Strafgesetzbuch verankert und in der Frühphase legal wäre, würde sich für Frauen, die eine Schwangerschaft abbrechen wollen, in der Praxis vermutlich wenig ändern.

Wenn wir nun also erneut in eine politische Debatte über eine Entkriminalisierung von Abtreibung einsteigen, müssen sich politische Akteure und Akteurinnen ihrer Verantwortung bewusst sein und diese Debatte in gegenseitigem Respekt und mit dem gebührenden Anstand führen. Schließlich geht es um das Recht auf reproduktive Selbstbestimmung von Frauen und den Schutz ungeborenen Lebens. Diese Themen betreffen Grundrechte menschlicher Existenz und sind von zu großer Tragweite, um für aufgeheizte Stammtischdebatten und politische Bierzeltprosa herhalten zu müssen.


Quellen:

  • Prof. Daphne Hahn: Elsa Studie, Erfahrungen und Lebenslagen ungewollt Schwangerer Angebote und Beratung. Internet: https://elsa-studie.de/... (Abgerufen am 11.04.2024)