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Wofür brauchen wir die Mandeln überhaupt?

Die Mandeln sind Teil des Immunsystems und filtern Krankheitserreger heraus, bevor diese über Mund und Nase in Bronchien und Lunge gelangen. Sichtbar sind nur die beiden Gaumenmandeln im hinteren Teil der Mundhöhle. Sie sind meist gemeint, wenn man von Mandeln spricht. Die Rachenmandel sitzt hinter den Nasenhöhlen. Am hinteren Ende der Zunge und an der hinteren Rachenwand liegen eine Zungen- und eine Tubenmandel. Zusammen bilden sie eine Art Abwehrbarriere der oberen Atemwege.

Warum haben Kinder so häufig entzündete Mandeln?

„Nach der Geburt muss das Immunsystem erst lernen, sich gegen Krankheiten zu wehren“, erklärt Dr. Tanja Brunnert, Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin in Göttingen. Da Kinder beim Spielen ständig Kontakt mit neuen Viren und Bakterien haben, filtern ihre Mandeln besonders in den ersten Lebensjahren pausenlos mögliche Erreger aus der eingeatmeten Luft. „Als Kämpfer an vorderster Front können sie auch selbst mal ernsthaft erkranken“, so Brunnert. Deshalb bei einer akuten Mandelentzündung mit Halsschmerzen und Schluckbeschwerden immer bei Kinderärztin oder Kinderarzt abklären lassen, wie schlimm es ist.

Halsschmerzen

Mandelentzündung (Tonsillitis)

Hinter Halsschmerzen und Schluckbeschwerden steckt oft eine Mandelentzündung (Tonsillitis, Angina tonsillaris). Was dann hilft – von Hausmitteln bis Antibiotika zum Artikel

Wann ist eine Operation der Mandeln bei Kindern sinnvoll?

Ständig entzündete Mandeln, wiederkehrende Infekte, eitrige Abszesse. Irgendwann stellt sich die Frage: vielleicht doch die Mandeln operieren? Da Mandeln wichtig für die Ausbildung der Immunabwehr sind, ist die erste Strategie Geduld. Also beobachten und hoffen, dass die Zahl der Infekte mit dem Alter nachlässt. Das gilt besonders bei milden Verläufen.

Anders liegt der Fall, wenn die fiebrig-eitrige Mandelentzündung trotz Antibiotikum immer wiederkommt. Passiert das häufiger, etwa mehr als sechs Mal in zwölf Monaten, oder bilden sich immer wieder Abszesse, ist die Operation eine mögliche Therapie. Auch Schnarchen oder Schlafapnoe (kurze Atemaussetzer im Schlaf) aufgrund vergrößerter Mandeln sprechen für die OP. Der Eingriff sollte gut überlegt sein, er ist nicht unkompliziert und nützt nicht jedem Kind. Daher übernehmen die gesetzlichen Kassen die Kosten für eine Zweitmeinung.

Reicht bei Kindern auch eine Teiloperation der Mandeln?

Fällt bei Kindern, die unter sehr häufigen Entzündungen der Mandeln leiden, die Entscheidung für einen Eingriff, werden die Gaumenmandeln in der Regel vollständig entfernt (Tonsillektomie). Sind die Mandeln zusätzlich deutlich vergrößert, gibt es jedoch eine Alternative: die Tonsillotomie, bei der nur ein Teil des Organs entfernt wird.

„Weil bei dem ambulanten Eingriff die Muskulatur nicht verletzt wird, kommt es seltener zu Blutungen und die Wunde heilt schneller“, sagt Prof. Dr. Orlando Guntinas-Lichius, Direktor der Klinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde am Universitätsklinikum Jena. In einer Studie untersucht er gemeinsam mit Kollegen, welche der beiden Operationsmethoden wann und wem am besten hilft. Ein Vorteil der Teiloperation könnte etwa sein, dass der verbleibende Teil der Gaumenmandeln weiterhin als Wächter des Immunsystems arbeiten kann. Ein Nachteil kann sein, dass es genau dort weiter zu Entzündungen kommt, so der Hals-Nasen-Ohren-Arzt.

Gesetzlich ­Versicherte, die über eine Tonsillotomie für ihr Kind nachdenken, sollten vorab mit Operateur oder Operateurin sprechen und anschließend mit ihrer Krankenkasse klären, ob sie die Kosten übernimmt.

Was kommt nach der OP der Mandeln?

Kinder erholen sich oft schneller von einer Mandeloperation als Erwachsene. Um Nachblutungen zu vermeiden, sollten sie in den ersten Tagen nicht springen und toben. Sport ist nach etwa zwei bis drei Wochen wieder möglich. Empfohlen wird kühle, milde und weiche Kost. Die Zähne sollten nur vorsichtig geputzt werden.

Ob ein Leben ohne Mandeln langfristig Auswirkungen auf die Immunabwehr hat, etwa zu häufigeren Atemwegsinfekten führt, ist nicht abschließend geklärt.


Quellen: